Das Modell Stationsleistungsprüfung kritisch betrachtet

Burning Twice und Annika im Herbst 2009
Burning Twice und Annika im Herbst 2009

 

Bei unseren Hengsten werden Sie Bemerkungen über einen abgelegten 30-Tages-Test und dessen Benotung vermissen.

Unsere Stuten sind ebenso nie auf einer Feldleistungsprüfung gewesen.

 

 

Dies ist kein Zufall sondern bewusste Entscheidung.

 

 

Ein Connemara Pony-Hengst braucht seit einigen Jahren keine Leistungsprüfung mehr, damit seine Nachzucht voll anerkannt wird, weil es in Irland auch keine Verpflichtung dazu gibt.

 

 

Meines Wissens gibt es keinen Ponyhengst, der einen 30-Tages-Test nicht bestand, weil er den gestellten Anforderungen nicht genügen konnte.

Einzige Gründe für ein Nicht-Bestehen waren bislang auftretende Erkrankungen des Ponys auf der Station, die ein Weitermachen verhinderten.

Von jedem Hengst einer Reitponyrasse sollte man doch auch erwarten können, dass er sich so weit reiten lässt, dass man mit ihn - nach 4 Wochen gründlichen Übens - einen kleinen E-Parcours reiten kann und ihn eine kleine Reitpferdeprüfung ablegen lassen kann?

Was hat der Züchter davon für eine Hilfestellung?

 

Auch die vergebenen Noten bieten keine Vergleichsmöglichkeit, da jede Prüfungsstation unterschiedliche Anforderungen an die Ponyhengste stellt.

Ist eine 6,7 bei 90 cm Höhe besser oder schlechter als eine 7,2 bei 70 cm? 

Und - wenn ich so sehr auf Noten fixiert bin - warum dann nicht den New Forest-Hengst wählen, der bei 95 cm eine 9,3 erhielt?

Ist Reinzucht dann noch das beste Mittel zur Wahl, wenn mir 30-Tages-Test Noten so wichtig sind?

Nun hat der Deutsche Reitponyzüchter wenigstens noch die Möglichkeit, die Hengste eines Jahrgangs einer Station untereinander direkt zu vergleichen, weil es z.B. 15 DR-Hengste waren, die antraten.

Der Connemara-Züchter begegnet jedoch nur einem Hengst.

Mit wem oder was soll er Vergleiche ziehen? Was sagt die Note aus?

 

Das Problem der Vergleichbarkeit:

Vielleicht war der New Forest-Hengst 6 Monate zur Vorbereitung bei einem Deutschen Meister zum Profi-Beritt. Das steht aber nicht in der Ergebnisliste - gehört da auch nicht hinein.

Ist er damit der besser veranlagte Hengst als der Hengst, der von seinem schlecht reitendem Züchter selbst vorbereitet wurde?

In welcher Ergebnisliste steht, wie hoch die Parcours- und Geländehindernisse waren, wie lang die Strecke, wie oft sie in den 28 Tagen vor der Abschlussprüfung geübt wurden.

Und: Wer war der angestellte Trainer auf der Prüfungsstation, wie gut konnte und wollte er sich mit feinem Händchen auf die ihm anvertrauten Hengste einstellen?  Welche Qualifikationen und Klasse hatte der für den Hengst ausgewählte Reiter?

 

Mein Fazit:

Ein 30 Tages-Test ist viel zu kurz, wenn es nicht um die Beurteilung möglichst hoher Leistung geht. Denn die Qualität der Vorbereitung ist entscheidener als das Material.

Dann kann ich auch - wie vor knapp 20 Jahren für kurze Zeit üblich - die Hengste eine Feldleistungsprüfung ablegen lassen.

Beurteilung von Freispringen, Rittigkeit und GGA in einer Reitpferdeprüfung,  vielleicht auch noch das Springen eines kleinen Parcours und ein Fremdreitertest innerhalb eines Wochenendes mit einem mitgebrachten heimischen Reiter würde nicht weniger über den Hengst aussagen.

Vielleicht würde es uns sogar mehr über den Hengst  wissen lassen, da er sich - wie auf einem "richtigen Turnier" - kurzfristig auf fremde Umgebungen und auf eventuell angsteinflößende Situationen einstellen können muss, ohne zu blockieren. Dies wäre viel realer - denn welcher Kunde kauft sich schon ein Pony, um sich mit ihm dann später über 30 Tage an einem fremden Ort für ein E-Turnier vorzubereiten?

 

Wenn es nicht um die Höhe der Leistungsfähigkeit geht, sondern um das "Sich-anlassen", würde ein Stationstest über einen weitaus längerem Zeitraum (über ein halbes Jahr?) und mit gleichen Ausgangsvoraussetzungen - nämlich dem rohen Ponyhengst - mehr aussagen. Erst recht, wenn er nur an einem Ort angeboten werden würde mit einem über lange Jahre gleich besetzten Team. Ähnlich dem irischen Modell.

Auch über die Grundgesundheit würde ein längerer Test mehr besagen.

 

Da nicht jeder seinen Hengst über so lange Zeit aus der Hand geben mag und die Grundausbildung selbst veranlassen möchte, wäre dies sicher nur ein fakultatives Angebot.

 

Sehr schade auch, dass nie Modelle ausgearbeitet wurden, in denen die Ponys in ihrer Vielseitigkeit getestet werden würden.

Warum dürfte ein G-Reitpony nie seinen Leistungstest im Fahrsport ablegen? Warum ist der Distanz- oder Westernsport keine angebotene Möglichkeit?

Oder eben alles zusammen in einem Test?

Was ist aus den Plänen der Welsh-Pony-Züchter geworden, die einmal ganz andere Ideen hatten, in denen Welsh-Ponys ihre Leistungsprüfung auch hätten in einer Art Gelassenheitsprüfung ablegen können? Warum konnten sie sich nicht durchsetzen? Ist ein Zuchtverband nicht ein Verein, der wie jeder andere auch von seiner Basis - also seinen Mitgliedern - geleitet werden sollte?

Was hat eine Kundin von Elterntieren, die 30-Tages-Tests abgeschlossen haben, wenn sie nie im Leben an FN-Turnieren teilnehmen möchte? Wandert sie dann nicht zu anderen Rassen ab, wo ein Hengst auch ohne Leistungsprüfung "Leistungsklasse I" ist, weil es einfach besser klingt?

Vielleicht wandert diese Kundin sogar ab, weil sie denkt, ein Connemara sei nur etwas für den FN-Turniersport und sie mit ihm die falsche Besitzerin, da sie ganz andere Ansprüche hat?

 

Wird auf Dauer so nicht jede alternative Reitponyrasse vom Deutschen Reitpony geschluckt, weil Zucht nach speziellem Typ sich einfach nicht mehr rentiert, weil es vom Staat bzw. Land ja nicht gefördert wird?

 

Was habe ich als Hengsthalterin von Zuchttieren, die zwangsmäßig einen 30-Tages-Test abgeschlossen haben, nur um die Zuchtwertklasse I zu erhalten, wenn meine Kundschaft mir nicht (als Beispiel) 300,-€ für jedes Fohlen aus stationsgeprüften Eltern extra bezahlt?

Schwenke ich dann nicht als Züchterin zu den Rassen um, wo entweder fast jeder Kunde nach dieser Stationsprüfung fragt (Deutsches Reitpony) oder wo die Prüfung freiwiliig ist und eigentlich kein Käufer daran Interesse hat (Irish Tinker)?

 

Ganz bedenklich, dass Hengste wie Stuten bereits 3-jährig zugelassen sind, obwohl das Springen eines Gelände- und Springparcours dazugehört.

Laut Online-Ausschreibung einer Prüfungsanstalt ist für die Abschlussprüfung im Springen eine Höhe von 80-100cm vorgesehen. 100 cm im Springen sind Anforderungen der Klasse A.

Weder in LPO- noch in WBO-Spring- und Geländeprüfungen (auch nicht für Championate in Jungpferdeprüfungen!) sind 3-jährige Ponys oder Pferde zugelassen. Ich denke, aus Gründen des Tierschutzes. Warum greift der Tierschutz nicht auch für Zuchttiere, erst recht, wenn Pferdezucht wie Pferdesport in Deutschland der gleichen Institution (der FN) unterliegen?

Natürlich kann man sagen, dass kein Züchter verpflichtet ist, seinen Hengst bereits 3-jährig vorstellen zu lassen. Aber dann könnte man den Besitzer auch im FN-Turniersport alles selbstverantwortlich regeln lassen...(und wir wissen selbst, warum es da Regeln gibt...)

5-jährig und älter erhält der Hengst bereits Punktabzüge im 30-Tages-Test-Endergebnis - warum sollen da die Hengste so extrem jung sein?

 

 

Was für 5jährige Ponys "ein Klacks" sein sollte, ist für 3-jährige unnötiger Verschleiß. 

Besitzer fühlen sich ermutigt, knapp 3-jährig anzureiten, da die Dachorganisation es quasi erlaubt, wenn nicht sogar fördert.

 

Ich möchte behaupten, dass Connemara Ponys etwa 1 Jahr später "reifen" als ein deutsches Warmblut im Sportpferdetyp. Doch deshalb möchte ich doch nicht auf Linien mit viel Vollblut zurückgreifen (die es auch in der Connemarazucht gibt!), nur um frühreife Ponys zu produzieren? Und deshalb möchte ich sie doch nicht im Winter aufstallen und mit viel Kraftfutter füttern, um Frühreife dem Anschein nach zu erreichen?

 

 

 

Dies die Gründe, warum wir für unsere Ponys nur die Eigenleistung auf Turnierprüfungen ab der Klasse A anstreben. Dann, wenn sie alt genug sind.

 

Ich denke auch, dass untaugliche Hengste durch den Markt selbst ganz schnell wieder abgeschafft werden.

Wenn man die Hengstnachzucht nämlich nicht schön reiten kann, wird man die Ponys als Züchter kaum los. Der Züchter wird umschwenken und sich nach einem Hengst umsehen, dessen Nachzucht sich ganz einfach und dabei gut reiten lässt. Und dies dann jeweils nach seiner Kundschaft - also entweder für den FN-Sportler, den Fahrsportler, den Westernreiter, den Wanderreiter oder den Wochenend-Ausreiter. Oder alles zusammen.

So vielseitig selbst, wie das Connemara eben ist.

 

 

Ulrike Grisard

 

 

 

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